Samstag, 23. August 2008

Mal wieder Zeit zum Schreiben gefunden...

Hey Ho,

nach einer anstrengenden ersten Arbeitswoche habe ich nun endlich mal wieder Zeit gefunden, meinen Blog durch sinnvolles Gedankengut zu erweitern. Erstmal gibt es noch Einiges zu letztem Wochenende zu sagen. Wie ihr meinen Fotos wahrscheinlich schon entnehmen konntet, war ich vergangenes WE naemlich am Titicacasee, auf der Isla del Sol. Diese 2-taegige Reise, zu der ich und eine Mitvoluntaerin gegen Ende letzter Woche ganz spontan durch den Padre (Leiter der Fundaciòn) eingeladen wurden, traten wir, das sind Ich, Laura, Teamerin Johanna, Padre und ein aelteres Ehepaar aus Deutschland (potentielle Spender, die gerade zu Besuch in Bolivien sind und sich die Fundaciòn genauer anschauen wollen) letzten Samstag um 8 Uhr morgens an. Da ich es mir aber nicht nehmen lies, mit den Anderen am Freitag Abend noch bis 7 Uhr wegzugehen, war ich am Samstag Morgen nach weniger als 1er Stunde Schlaf auch dem entsprechend muede. Weggehen ist hier immer der hammer, allein deshalb, weil sich hier im "Mladenschen Sinn" (wie das Andi so schoen ausdrueckte) immer so einiges geht - wirklich eher zu viel als zu wenig; da ist es meistens schon schwierig, jemd. zu finden, mit dem man nur reden will ;)
Aber nun wieder zurueck zum Titicacasee. Also, die Reise begann am Samstag Morgen mit 6 Personen, von denen aber eine nur koerperlich anwesend war - das aenderte sich aber im Laufe der etwa 3-stuendigen Fahrt im Privatbus des Padre zum Largo Titicaca. Unterwegs kamen wir u.a. auch durch die Millionenstadt El Alto, welche noch hoeher liegt als La Paz, und die nichts Anderes ist, als eine Ansammlung der aermsten Menschen der Welt in den aermlichsten Hausern der Welt. Wirklich, da oben geht nochmal was ganz Andres ab, wie in La Paz. Auch durchaus erbluefft waren wir ueber den imensen Einfluss des Padres, der fast dem eines hohen Diplomaten oder Politikers gleicht: Unser Padre sagte zu dem Beamten an der Mautstelle einfach "Ich bin Padre Josè von der Fundaciòn Arco Iris", drueckt ihm 5 Bonbons in die Hand und faehrt weiter... wirklich unglaublich.
Angekommen in Copacabana am Titicacasee - dem wahrscheinlich beruehmtesten Pilgerort der Welt - gab es erstmal eine frische Forelle, bevor wir dann gegen Mittag mit einem kleinen Boot zur Isla del Sol uebersetzten. Die Ueberfahrt dauerte ungefehr 90 Minuten. Der Titicacasee - uebrigens 11Mal so gross wie unser Bodensee in Deutschland - ist einfach gigantisch, er gleicht einem kleinen Meer, Horizont, unbeschreibliche Weiten, im Hintergrund die weiss bedeckten Kordilleren der Anden... einfach Wahnsinn.
Aber das Alles ist noch lange nichts gegen das, was sich uns dann auf der Isla del Sol, Insel mitten im Titicacasee, offenbarte. Das Panorama laesst sich nichtmal auf den Fotos zureichend vermitteln:
Blick ueber den ganzen Titicacasee nach allen Seiten, bis nach Perù, die kleinen Inseln mit ihren lieblichen Buchten, die schneebedeckten Anden, der Sonnenuntergang auf der einen und gleichzeitig der Mondaufgang auf der anderen Seite, ein riesiger Mond, der sich in den unendlich weiten Waessern spiegelt... einfach nur krass.
Ich wage mich zu behaupten, dass derjenige, der das in seinem Leben nicht erlebt hat, wohl etwas verpasst.
Dazu kam noch, dass wir in dem wohl nobelsten Hotel auf der Isla del Sol naechtigten, ein Oekohotel fuer insgesamt 110 US-Dollar/Nacht. Mein Zimmer teilte ich mit Padre Josè;
ein bisschen komisch ist das Gefuehl, mit einem 70-jaehrigen Pfarrer im Zimmer zu schlafen, zwar schon, aber das gute Gefuehl, nach langer Zeit endlich Mal wieder eine Heizung und warme Dusche im Zimmer zu haben, war dafuer umso behaglicher.
Am Sonntag gings dann leider schon wieder zurueck nach La Paz, aber die Reise hat sich mehr als gelohnt. Erst spaeter erfuhr ich, dass Patrick und Isi, zwei andere Voluntaere, die zwar nicht mit uns wohnen, aber auch fuer die gleiche Fundaciòn arbeiten, zur gleichen Zeit wie wir auf der Isla del Sol waren und sich dort verlobten... nun einen romantischeren Ort auf der Welt fuer solch einen Akt kann selbst ich mir nicht vorstellen.
Aber nun erstmal soviel zu meiner ersten groesseren Reise hier in Bolivien.
So entspannend der Titicacasee ist, so anstrengend ist auch der Alltag hier, die Arbeit.
Der Job ist super- schoen und auch abwechslungsreich, das Personal ist cool drauf und die Kinder lieben dich einfach, streiten sich sogar gegenseitig um deine Aufmerksamkeit und Zuneigung; ich bin einfach die ganze Zeit irgendwie in Action, da ist es oftmals sogar schwierig, meine eigenen Kraftreserven nicht zu ueberschreiten. Ansterngend ist es ungemein, den ganzen Tag 8 Stunden lang von fast hundert 7-14 jaehrigen Kindern umgeben zu sein, um halb 6 heimzukommen und dann noch eine frontpicturely Englischstunde oder irgendeinen Vortrag vorzubereiten. Meistens falle ich schon um 10 Uhr tot muede ins Bett. Diese Woche haben wir darueber hinaus mit den Kindern des Projekts noch zwei Exkursionen gemacht: Dienstag waren wir bei "La Razòn", der bolovianischen Tageszeitung (in der unsere Gruppe dann einen Tag spaeter auf dem Titelblatt erschien) und Mittwochs waren wir in einer Schokoladenfabrik, wo wir die Herstellung von Negerkuessen und allen moeglichen Schokoprodukten begutachten konnten. Freitag war aber der bislang haerteste Arbeitstag: Vormittags 2 Stunden Mitarbeiterversammlung (so eine Art Lehrerkonferenz) und Abends eine interne Feier der Fundaciòn bis 8 Uhr. Aber man gewoehnt sich auch immer mehr an diese Arbeitszeiten. Und die Zeit vergeht wie im Flug, wenn man was zu tun hat.
Diese Woche habe ich in einer freien Stunde erstmals so richtig gekocht, persischer Kebap mit meinen persischen Gewuerzen, die ich aus Deutschand mitgebracht habe... Alle waren begeistert und der Geruch des Essens erweckte bei mir irgendwie heimatliche Gefuehle/ auch wenn dies etwas strange klingen mag.
Da wir Gestern nicht weg waren, sondern die Verlobung von Patrick und Isi bei uns Zuhause mit kaltem Buffet und Sekt gefeiert haben, werden wir nun heute clubben. Auch haben wir von einem deutschen Restaurant gehoert, in dem es wohl Erdinger Weissbier und Wiener Schnitzel geben soll und das wir demnaechst unbedingt mal ausfindig machen wollen.
Das wars auch schon wieder fuer heute. Ich wuensche allen Lesern noch ein schoenes Wochenende und wer mich mal anrufen moechte, kann dies gerne tun, muss sich aber bewusst darueber sein, dass wir hier in Bolivien in der Zeit 6 Stunden zurueck liegen. Billige Vorwahlen zum Telefonieren gibts z.B. im Internet, unter www.billigvorwahlen.de. Ich freue mich ueber jeden Anruf.

Lg, Sebi

Donnerstag, 14. August 2008

Neues aus La Paz

Hi Friends,

nun hab ich endlich mal wieder Zeit gefunden, um in meinem Blog weiterzuschreiben. Es gibt mal wieder viel zu erzählen.
Gut, erst einmal sehe ich mich dazu verpflichtet, meine einstige Aussage über die Menschen hier in La Paz zu modifizieren oder besser gesagt zu detailisieren. Als ich nämlich in meinem zweiten Blog-Eintrag schrieb, den Menschen hier in Bolivien sei der „Schmerz ins Gesicht geschrieben“, meinte ich nicht, die Menschen würden hier definitiv leiden und seien deswegen uns ‚Ausländern’ gegenüber unfreundlich oder missgünstig. Nein, ganz im Gegenteil, die Menschen hier halten sehr viel von uns Deutschen und schätzen uns sehr hoch. Als ich beispielsweise mit 2 Kollegen einen kleinen Laden in La Paz betrat, um ein paar Souvenirs zu kaufen, überlies uns die Ladenbesitzerin kurzzeitig ihr Geschäft, um Babynahrung für ihr kleines Kind aus einem Nachbarladen zu besorgen. Sie meinte, wir sollten auf ihren Laden kurz aufpassen, denn „uns Deutschen könne man immer vertrauen“.
Ein anderer kleiner Erfolg, den ich vor einigen Tagen verzeichnen konnte, war, dass ich dem Besitzer des Internetcafes von nebenan gezeigt habe, wie man ganz einfach mehrere Fotos verkleinern und dann auf ein Blatt Papier drucken kann, nachdem jener dies über eine halbe Stunde vergebens versucht hatte. Dies sind die kleinen Schritte der Entwicklungsarbeit, die ich hier vollziehe, die aber wieder neue Motivation für neue Anstrengung mit sich bringen.
Am Freitag praktizierte ich erstmals Sport hier in La Paz. Der Sport nennt sich Walley-Ball und erinnert doch sehr an unser Volley-Ball, obwohl die Regeln doch etwas anders sind. So wird Walley-Ball in einer sehr kleinen Halle gespielt, die eher an einen Squash-Court erinnert und durch ein Netz in 2 Hälften unterteilt ist. Da es bei diesem Spiel erlaubt ist, Wände und Decke als Bande zu benutzen, ist Walley-Ball ein schnelleres und deshalb auch konditionell anspruchsvolleres Spiel als unser Volley-Ball. Kann sein, dass mir dies aber auch nur so vorkommt, da die Höhe von 3600 Metern uns immer noch zu schaffen macht. Ganz ehrlich, schon nach wenigen Sprints denkst du, dir zerreisst es die Lunge. Auch beim Fußball haben die Bolivianer eine Sonderform erfunden; diese nennt sich Futsal. Überhaupt sind die Bolivianer fußballverrückter wie kein anderes Volk, dem ich je begegnet bin – außer unserem vielleicht. Allein hier in La Paz gibt es 3 Top-Fussballclubs: The Strongest, Bolivar und FC La Paz. Wir wollen demnächst auch mal ins Stadion gehen – jetzt müssen wir uns nur noch für eine Mannschaft entscheiden. Auch im Fitnessstudio bin ich seit Freitag angemeldet. Das Fitnessstudio ist zwar kleiner als ein Wohnzimmer und die Geräte sind auch äußerst rar, aber der Monatsbeitrag beträgt gerade einmal 5 €.
Nun auch noch Etwas zum Kulinarischen. Hier in Bolivien isst man Kartoffeln, Gemüse, meist scharf und v.a. sehr viel Fleisch. Das bolivianische Nationalgericht nennt sich Pique Macho, was im Grunde nichts anderes ist als ein großer Fleischberg, der besteht aus allen möglichen Sorten Fleisch. Sehr typisch sind auch die gebratenen Bananen, die zu fast jeder Speise serviert werden. Zum trinken gibt’s Cola, Wein oder Bier (hauptsaechlich Pilsener).
Des Weiteren waren wir vorigen Dienstag das erste Mal richtig ¨fuhrt¨. Die Diskotheken hier sind eher klein, den Alkohol gibt’s aus Eimern, Reggaeton, Perreo, Latinas, einfach alles, was ein Sebito so braucht. Da ist es schade, dass wir dieses Wochenende nicht weggehen konnten. Das lag daran, dass am Sonntag Wahlen waren und deshalb alle Lokalitäten für 48 Stunden- also das ganze WE – schließen mussten… damit die Bolivianer wohl nicht besoffen zum Wählen gehen??? Nicht einmal Taxis durften fahren, da waren die Straßen wie leergefegt.
Apros, Evo Morales bleibt nach einem grandiosen Wahlsieg (64% Zustimmung) bolivianischer Präsident. Die Wahlen verliefen im ganzen Land überraschend friedlich und ruhig
(3 Mal Holzklopf).
Übrigens habe ich noch gar nicht erwähnt, wie ich hier wohne: Also, ich lebe zusammen mit den 14 anderen Volontären von meiner Fundación zusammen in einem riesigen Haus. Mein Zimmernachbar heisst Fidel und wir besitzen das beste Zimmer der WG – eine Suite im ersten Stock, einziges Balkonzimmer (mit Blick über die Berge), die Bolivienflagge hängt vom Balkon hinab, die Kubaflagge vom Fensterriemen- eine Deutschlandflagge suchen wir seit mehreren Tagen verzweifelt; mein Bett, mit dem Schlafsack, der noch 3 zusätzliche Decken und eine Wärmflasche benötigt, um mich ausreichend zu wärmen, steht in diesem Zimmer. Einzige Hoffnung, dass es bald Gott sei Dank Frühling werden soll – dann wird es nachts wärmer und bleibt laenger hell.
Auch habe ich bis jetzt noch nicht von den Straßenkötern hier in La Paz erzählt. Es ist nämlich so, dass die Stadt, v.a. wenn es dunkel wird, „von Hunden regiert wird“.
So kann es gut passieren, dass, wenn man abends in die Disko geht, 3 Hunde auf dem Gehsteig an einem vorbeispazieren, ganz so als hätten sie auch ein bestimmtes Ziel, das sie verfolgen. Die Hunde sind aber im Normalfall ganz zahm, sodass ich mir keine Sorgen machen muss, da ich die Tollwutimpfung ja entbehre.
Und nun die wichtigste aller Informationen: Nach langen Diskussionen und viel hin und her steht die Projekteinteilung nun endgültig fest. Meine Projektstelle nennt sich Casa Betania.
Mein Aufgabenbereich ist zweigeteilt:
Apoyo pedagógico: Lehreraufgaben, Englischunterricht, Hausaufgabenhilfe, Musikalisches,
Sport, Freizeitgestaltung
Guardería: Aushilfe im Kindergarten, Kinder zum Arzt begleiten, Familienbesuche
und Sozialarbeit, Vermittlung zu anderen Projekten der Fundación
Das sind zumindest theoretisch meine Aufgabenbereiche. Genaueres weiß ich noch nicht, denn mein erster Arbeitstag ist erst morgen. Nebenbei besteht bei meiner Arbeitsstelle noch der große Vorteil, dass diese von unserem Haus innerhalb von 10 Minuten zu erreichen ist.
Das wars dann auch schon wieder für heute. Da mich in letzter Zeit mehrere nach meiner Telefonnummer hier in Bolivien gefragt haben, möchte ich diese nun bekannt geben.
Ich bin hier im Haus unter der Telefonnummer 00591 / 22731972 zu erreichen. Vor die Nummer sollte man jedoch noch eine billige Vorwahl vorwählen, z.B. die 01015; da kostet das Gespräch nur wenige €/Cent pro Minute. Also das wars jetzt endgültig.

Aaales Klar und biiis dann,
Ciao, Sebi

Dienstag, 5. August 2008

Vorstellung der Gefaehrten

Hi Fans,

es ist zwar erst ein Tag seit meinem letzten Eintrag vergangen, aber mir faellt gerade ein, dass ich die Leute, mit denen ich zusammen hier bin, noch gar nicht wirklich vorgestellt habe. Wen dieser kleine Exkurs nicht interessiert - bitte ueberspringen. Also, da waeren...

Jungs:

1. Fidel: Kettenraucher, leidenschaftlicher Biertrinker und mein treuer Zimmernachbar
2. Samu: Kettenraucher , mit 25 der Aelteste von uns und staendig auf dem Klo
3. Max: Ein richtiger Sunnyboy, Schwarm aller Maedchen, Gitarrenprofi... kommt manchmal aber auch etwas metro rueber
4. Miguel: Auch genannt der Baer, wegen seines enormen Koerperumfangs, labert viel Sch****
aber immer sau lustig
5. Daniel: Cellospieler und Chorsaenger bei den Augsburger Domspatzen, meidet eher das exzessive Leben, ist immer sehr sarkastisch

Maedels:

6. Linda: Lacht viel, v.a. ueber sich selber; huebsch und ... leider zu spaet :)
7. Julia: Jeder Bolivianer pfeift ihr hier hinterher; sie bringt selbst oft peinliche Versprecher: z.B.,
wenn die Sonne scheint, sagt sie "soy muy muy muy caliente" (dt. ich bin so so so heiss)
8. Barbi: Gruppensprecherin, bis jetzt aber immer karnk
9. Sophie: Spricht besser Spanisch als ich, jedoch in argentinischem Dialescht
10. Eva: Amazonenaehnliche Koerpergroesse; denkt immer das, was ich auch denke
11. Charlie: Sie lebte 3 Jahre in den USA, verwechselt deshalb manchmal die Sprache, ist aber pretty nice; ist immer nur 1/4 ihres Tellers auf , deshalb teile ich gerne mit ihr
12. Laura: Pferdefanatikerin, will in fremde Kulturen´eintauchen`
13. Ella: Polin, deshlab habe ich die Moeglichkeit meine Polnischkenntnisse zum Ausdruck zu
bringen
14. Lee: Ich kenne sie noch nicht wirklich

Sonstige Voluntaere:

15. Andres: Amerikaner, leidenschaftlicher Taenzer, junges Herz aber hohes Alter (37)
16. Rosario: Chilenin, studierte Physiotherapeutin; ihr Traum ist es, Fische zu therapieren
17. Isi & Patrick: Bilden ein Paar, kommen beide aus dem Schwoabenlaendle

Meine Wenigkeit:

18. Sebito: immernoch der Alte + geht heute Abend Perreo tanzen (ihr kennt mich !!!)

So, jetzt wisst ihr mit wem ich hier so abhaenge. Ich entschuldige mich natuerlich fuer den teils ironischen Beigeschmack, aber die wichtigsten Infos sind enthalten, um sich ein ausgepraegtes Bild meiner Kollegen hier machen zu koennen.

Melde mich in den naechsten Tagen wieder.

Sebi

Montag, 4. August 2008

1 Week - still alive

Liebe Leute,

ich bin mittlerweile seit einer Woche in der bolivianischen Hauptstadt La Paz und es gibt Einiges zu erzaehlen. Da ich letzte Woche einige Tage nicht in der Stadt sondern in einem kleinen Dorf ca. eine Busstunde von hier entfernt war, konnte ich auch leider nicht in meinem Blog schreiben. Nachdem wir die rigurose Busfahrt in das Dorf namens Achocalla ueberlebt hatten - der Bus ist mehrmals fast einen Abhang hinuntergestuerzt- , da die unausgebauten Strassen (besser gesagt: Sandwege) teilweise unbefahrbar sind, kamen wir in dem laendlichen Andendorf an, wo wir 3 Tage verbrachten. Jedoch ist dieses Dorf nicht eines, wie man es aus Deutschland kennt, sondern eher eine Ansammlung verkommener Baracken oder unfertiger Haeuser. Tiere laufen auf den "Strassen" umher und alte Dorfbewohner sitzen am Strassenrand. Die unindustrialisierte Landschaft gleicht der - wie sie bei uns im fruehen 19. Jahrhundert wohl gewesen sein mochte. Unsre Gruppe hingegen tagte und naechtigte nicht in einer solchen "Bauernbaracke" sondern - im deutlichen Kontrast dazu - in einer riesigen Landhausvilla mit riesigem Grundstueck. Das Panorama, welches sich uns von unserer Finca aus offenbarte, ist fast unbeschreiblich: Blick ueber das gesamte Andental, eine unberuehrte Landschaft, wie sie in Deutschland nirgendwo vorzufinden ist, am Horizont die schneebedeckten 6000er Berge... einfach der Wahnsinn.
Die Temperatur hier ist sehr gewoehnungsbedeurftig, um nicht zu sagen unertraeglich. Tagsueber verbrennt dir die Sonne die Haut bei ueber 30 Grad und Nachts gefriert das Wasserglas neben meinem Bett. Das Duschwasser ist wenigstens warm, wenn es jedoch ueberhaupt fliest; vor 2 Tagen beispielsweise musste ich mich morgens mit einer halb - gefrorenen Flasche Trinkwasser duschen, da aus der Leitung kein Tropfen Wasser kam-> das regt den Kreislauf an ;)
Mittlerweile ist ca. die Haelfte unsrerer Gruppe von 15 Voluntaeren erkrankt - hauptsaechlich an Durchfall und Erbrechen. Das liegt daran, dass es hier in der Dritten Welt viele Bakterien und Keime gibt (v.a. im Essen), die wir Europaerer nicht gewohnt sind. Ich hingegen bin Gottseidank noch relativ fit.
Was es noch zu sagen gibt ist, das die Stadt La Paz seit einigen Tagen sehr unruhig geworden ist, was auf politische Gruende zurueckzufuehren ist. Am 10. August findet in Bolivien naemlich ein sog. revocatorio (dt. Misstrauensvotum) statt. Hierbei versuchen einige Interessensparteien (grossteils aus dem bolivianischen Tiefland) den gegenwaertigen Presidenten Evo Morales zu stuerzen. Die Bevoelkerung hier in La Paz steht jedoch voll hinter Evo Morales, da er die Interessen der indigenen Bevoelkerung hier im Hochland unterstuezt. Die Unruhen aeussern sich in Strassenblockaden und Aufstaenden hier im Zentrum von La Paz: vor einigen Tagen sprengten Demonstranten den Eingangsbereich der internationalen Postbehoerde hier in La Paz mit Dynamitstangen in die Luft u.a. - nun wir koennen nur hoffen, dass jener 10. August moeglichst schnell vorbeigeht... aber trotz Allem besteht kein Grund zur Sorge, da in unserem Viertel bisher alles ruhig ist.
Aus musikalischer Sicht koennte es mir hier nicht besser gehen: Reggaeton in all seiner Vielfalt, ueberall und zu jeder Tageszeit... d.h. alles, was ich zum Leben brauche. Was mich jedoch wahnsinnig aufregt ist, dass Daddy Yankee im April hier in La Paz war und ich ihn somit verpasst habe. Jedoch werde ich zusammen mit einem Freund demnaechst zu einem Reggaeton-Konzert nach Santiago de Chile fahren (Santiago laesst sich mit dem Bus von hier in ca. 8 Stunden erreichen).
AUS war ich bis jetzt noch nicht, da wir alle von der Hoehenumstellung noch sehr geschwaecht sind und deshalb abends immer total muede. Aber morgen werden wir mit ein paar bolivianischen Freunden ausgehen - denn Mittwoch ist Nationalfeiertag. Was irgendwie lustig ist, ist, dass die Feiertagsfeierlichkeiten (Umzuege usw.) schon heute stattfinden, damit die Leute dann am Mittwoch ihren Rausch vom Dienstagabend ausschlafen koennen; nun der Alkoholkunsum hier in Bolivien ist unermesslich. Das liegt daran, dass die Leute sich hier so zudroehnen muessen, um den Schmerz der Armut so zu uebertoenen. Doch nicht nur der Alkoholkomsum ist heftiger als in Deutschland, sondern auch die Feierlichkeiten fallen lauter und bunter aus: die Menschen tanzen auf der Strasse, musizieren, feiern, trinken ...
Heute in der frueh waren wir alle beim Amtsarzt, um ein aerztliches Gutachten fuer unser Visum zu erhalten; und die Untersuchungen dauerten ewig: meines Achtens reine Schikane, denn was hat meine Blutgruppe, Blutdruck und Zahnstellung mit einem Visum zu tun. Aber die Schikane von sog. "Gringos" (wie man uns beleidigenderweise oftmals nennt), gehoert hier zum Alltag.

Das wars auch wieder fuer heute, es ist 16 Uhr und ich geh jetzt bisschen pennen, da ich schon seit 7 Uhr wach bin und so ein Tag in La Paz wahnsinnig muede macht. Zu arbeiten beginne ich zwar erst uebernaechste Woche, jedoch muessen wir uns bald alle fuer eine Projektstelle entscheiden. Deshalb werde ich mir in den naechsten Tagen mal alle Projekte anschauen...
Ich bemuehe mich auch darum, moeglichst bald Bilder hochzuladen.

Bis dann, Sebi